Grüne im Gespräch mit Hubert Wimber

01.01.70 –

In seiner letzten Veranstaltung dieses Jahres spricht der Ortsverband der Grünen in Telgte am kommenden Mittwoch, dem 25. November, mit Münsters ehemaligem Polizeipräsidenten Hubert Wimber über die Legalisierung von Cannabisprodukten. Wimber setzt sich seit seiner Pensionierung im Mai dieses Jahres offensiv für eine Novellierung des Betäubungsmittelgesetzes ein. Er begründet dieses Ziel mit seinen Erkenntnissen aus seiner aktiven Dienstzeit und mit der offensichtlichen Unwirksamkeit der bestehenden Gesetzeslage. Marian Husmann, Sprecher des Ortsverbandes, weist auf eine Gesetzesvorlage der GRÜNEN Bundestagsfraktion hin: „Ziel der Initiative ist es, die Kontrolle über den Handel mit Cannabisprodukten zurückzugewinnen. Durch die aktuelle Praxis gibt es weder einen wirksamen Jugendschutz, noch eine Qualitätssicherung zum Ausschluss gesundheitlicher Gefahren. Die Profite der organisierten Kriminalität aus dem Drogenhandel müssen über Steuern abgeschöpft und der Prävention zugeführt werden.“ Die Veranstaltung beginnt um 19.30 Uhr im Bürgerhaus in Telgte. Der Eintritt ist frei, alle Interessierten sind herzlich willkommen.

 

Cannabis – Ein Verbot mit fraglichem Nutzen

 

Hanf ist eine der ältsten Nutzpflanzen im Europäischen und Asiatischen Raum. Die äußerst robuste Pflanze diente über Jahrtausende als Lieferantin für Fasern und Öl, aus denen Tuch und Textilien, Seile, Papier, Futtermittel und Medikamente gewonnen wurden. Die Schifffahrt des Mittelalters wäre ohne Segel und Tauwerk aus Hanf nicht denkbar gewesen und grade in Telgte finden wir mit dem Maria-Geburtsmarkt einen alten Zeugen der Hanfwirtschaft, denn dieser Markt war, ursprünglich einer von vier Märkten im Jahr, der größte Hanfmarkt Westfalens. So liegt der traditionelle Termin auch auf Mitte September, direkt nach der Hanfernte. Die Öl- und Walkmühle, die früher gegenüber des Christoph-Bernsmeyerhauses stand, abgerissen um 1900, war eine reine Hanfmühle, in der die Stengel der Pflanzen durch Walzen gepresst und dadurch für die Weiterverarbeitung zu Fasern aufgeschlossen wurden und in der aus den Samen das Öl gewonnen wurde.

 

Der Rückgang des Hanfanbaus in Europa begann mit der Entstehung der Baumwollplantagen in Nordamerika, weil Baumwolle feinere Stoffe ermöglichte und industriell besser zu verarbeiten war. Weitere Wendepunkte waren der Beginn der Dampfschifffahrt und schließlich die Entwicklung der Kunstfaserherstellung aus Erdöl. Die Markteinführung der Kunstfaser begleiteten die Hersteller in den USA mit einer massiven, teils grotesken Kampagne gegen Hanf, die sich auch gegen die kleine aber hochwirksame Schwester des Nutzhanfs richtete: Cannabis Sativa, Medizinalhanf oder „Indischer Hanf“.

 

Verboten wurde Medizinalhanf in Deutschland am 1. Januar 1930 mit dem sog. Opiumgesetz, das im Zusammenhang mit Cannabis allerdings kaum Wirkung entfaltete, weil auf Cannabis als Medikament mit über 300 Indikationen nicht verzichtet werden konnte, so dass der Grundstoff in verschiedensten Varianten weiter in den Apotheken erhältlich war. Im übrigen wurde das Verbot nicht weiter beachtet und auch nicht durchgesetzt.und bis in die fünfziger Jahre wuchs die Pflanze in vielen Gärten, benannt als „Armeleutekraut“- die Reichen gingen in die Kneipe und tranken Schnaps und Bier. In unserer Sprache findet sich das als „starker Tobak“ wieder und als „Knaster“, den die Bauern rauchten und der so hieß, weil die Samen in der Pfeife knallten. Bekannt ist auch die „Rauchphantasie“ von Wilhelm Busch, „Krischan mit der Piepe“.

 

Wiederentdeckt wurde Cannabis dann von den RevolutzerInnen der 68er-Zeit. Darauf reagierte der Staat mit einer Novellierung des Betäubungsmittelgesetzes von 1930, die auch, wo wir schon dabei sind, ebenso den Anbau von Nutzhanf untersagte.

 

Nutzhanf darf seit 1990 unter besonderen Bedingungen wieder angebaut werden, Medizinalhanf dagegen bleibt verboten. Allerdings regt sich seit Jahrzehnten Widerspruch gegen das Verbot und die Stimmen werden inzwischen so laut, dass es möglicherweise nicht mehr lange dauert, bis das Verbot fällt. Neben diversen Vereinen, die sich für eine Legalisierung stark machen, haben die Grünen, die Linkspartei und seit Jüngstem auch die FDP die Aufhebung des Verbots als Ziel in ihren Programmen. Die SPD hat dazu zwar noch keinen Beschluss gefasst, in vielen Verbänden und Fraktionen auf Landesebene sind aber schon Initiativen unterstüzt worden, die auf Lockerungen im Umgang mit Cannabis zielen. Einzig die ChristdemokratInnen und ihre krachledernen Brüder und Schwestern halten sich standhaft an ihren Bierkrügen fest. Mittlerweile gehen ihnen dabei allerdings die Argumente aus: Die Fachwelt ist sich inzwischen so einig über einen Veränderungsbedarf im Umgang mit Cannabis, dass VerbotsbefürworterInnen schon Schwierigkeiten haben, überhaupt noch gewichtige Fachleute zu finden, die auch in ihrem Sinne argumentieren. Ebenso haben vor Kurzem 122 Deutsche StrafrechtsprofessorInnen - und das sind fast alle – eine Resolution unterschrieben, die konstatiert, dass das Betäubungmittelgesetz die selbst gesetzten Ziele nicht im mindesten erreicht und dass ohnehin fraglich ist, ob ein Gesetz eine Tat unter Strafe stellen kann deren einziges Opfer der/die TäterIn selber ist. Der geringe Nutzen des Gesetzes rechtfertige nicht den damit verbundenen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte.

 

Schließlich ist noch zu berichten, dass die Grünen in diesem Jahr eine Vorlage unter dem Namen „Cannabiskontrollgesetz“ in den Bundestag eigebracht haben, die eine Legalisierung zum Ziel hat. Das Gesetz regelt die Kontrolle über den Handel, den Jugendschutz, den Anbau, die Qualität und die sichere Aufbewahrung im privaten Bereich und macht Vorschläge für die Besteuerung. Es ist noch im Verfahren, mit einer Abstimmung wird im Frühjahr 2016 gerechnet. Dann wird die SPD Farbe bekennen müssen. Und für Euch, liebe Freundinnen und Freunde von den C-Parteien: Shiva Shambo!

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