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01.12.11 –
Ist unser Geldsystem noch zu retten? Diese Frage stellte der Titel der Veranstaltung zu der sich ca. 35 Interessierte aus Telgte und aus dem Kreis Warendorf im Gasthof Seiling zusammen fanden. Und diese Frage beantwortete der Referent Stefan Pätzold, Bankbetriebswirt, Dozent für Anlageberatung und Autor des Buches „Alternativlos – oder – Ist unser Geldsystem noch zu retten?“, auch gleich am Anfang: „Nein,“ so Pätzold, „die Bemühungen der Politik sind zum Scheitern verurteilt, da eine Schuldenkrise, die aus dem System heraus entstanden ist, nicht durch eine Ausweitung der Schulden bekämpft werden kann. Wir befinden uns schlicht in der finalen Phase eines endlichen Systems.“
Pätzold begründete seine Antwort in einem 90minütigen Vortrag anschaulich mit einer Darstellung der Geldschöpfung, des Zinssystems und der Folgen für die privatwirtschaftlichen und staatlichen Kassen.
Geld, so Pätzold, entsteht nur durch Kredite. In dem Augenblick, in dem ein/e Kreditnehmer/in einen Kreditvertrag unterschreibt, schafft sie/er den Gegenwert des Geldes allein durch das Versprechen, dieses Geld zurück zu zahlen. Die Banken haben jetzt die Möglichkeit, dieses Geld auf dem Konto der/des Kreditnehmer/in einfach gutzuschreiben. So entsteht unser Geld aus dem Nichts, man nennt das „Fiat Money“. Entsprechend entwickeln sich die Gesamtsumme der Vermögen und die Summe der Schulden gleich. Rechnet man sie gegeneinander, so heben sie sich auf. Würden alle ihre Kredite zurückzahlen, dann gäbe es auch kein Geld mehr.
Das eigentliche Problem sieht Pätzold aber in den Zinsen. Die fälligen Zinsen sind in dem gesamten Kreditvolumen nicht vorhanden. Dieser Umstand führt zu dem Zwang, die Geldmenge ständig auszuweiten. Um die Geldmenge zu erhöhen, muss aber -, siehe oben -, das Kreditvolumen erneut ausgeweitet werden. Dadurch entsteht der Wachstumszwang, da nur wirtschaftliche Tätigkeit und Konsum die Nachfrage nach Krediten bringt.
Den Augenblick, an dem an alle potenten Kreditnehmer/innen im privaten und im wirtschaftlichen Bereich bis an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit verschuldet sind, haben wir längst überschritten, so Pätzold. Als letzte Möglichkeit sind jetzt die Staaten dran. Die Staaten verschulden sich, um über Leistungen für die Bevölkerung oder Konjunkturprogramme und Subventionen zusätzliches Geld in den Kreislauf zu bringen und so die Wirtschaft anzukurbeln, also Wachstum zu generieren. Schließlich verschulden sie sich sprunghaft für Bankenrettungen, damit das wankende System nicht zusammenbricht. An dem Punkt sind wir jetzt, so Pätzold. Diese Erklärung wird plausibel, wenn man sie mit der Entwicklung der Kreditvolumina und Vermögen im privaten, im wirtschaftlichen und im öffentlichen Bereich vergleicht.
Die Krisen entstehen, sobald die wirtschaftliche Gesamtleistung nicht mehr so stark wächst, dass sie keinen ausreichenden Vorsprung vor der ebenfalls steigenden Zinslast behält, um die staatlichen Aufgaben zu finanzieren. In dem Augenblick kommt es zunächst, wie mittlerweile in Griechenland und in den USA zu beobachten, zu Verteilungskämpfen und schließlich zum Crash.
Pätzold fordert deshalb eine Zinspause, um die Eigendynamik des Systems zu stoppen und um Zeit zum Nachdenken zu gewinnen. Diese Forderung sollte seiner Ansicht nach mindestens von den Gewerkschaften ausgehen, da die durch die Verschuldung verursachten Lasten letztendlich von den produktiven Kräften, also den Arbeiterinnen und Arbeitern, erwirtschaftet werden müssen.
Die Diskussion setzte sich auch nach dem offiziellen Ende der Veranstaltung noch eine Stunde fort, bis die Besucherinnen und Besucher spürbar betroffen und nachdenklich den Heimweg antraten.
Wir danken Stefan Pätzold für diesen Einblick in das Finanzwesen, der eine andere Perspektive auf das derzeit vorherrschende politische Thema ermöglicht.
Hier noch ein link zur weiteren Vertiefung:
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